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Polioviren im Abwasser: Warum wir nicht unruhig werden müssen

Aus vier verschiedenen Städten (München, Bonn, Köln und Hamburg) in Deutschland wurde zuletzt vermehrt genetisches Material vom Schluckimpfstoff-abgeleiteten Poliovirus Typ 2 im Abwasser nachgewiesen. Solche Funde können Fragen aufwerfen, doch es gibt keinen Grund zur Beunruhigung. Was bedeutet dieser Befund wirklich, und wie gefährlich ist er?


Was sind Polioviren und wie werden sie übertragen?

Poliomyelitis, besser bekannt als Kinderlähmung, ist eine hochansteckende Krankheit, die vor allem Kinder unter fünf Jahren betrifft. Sie wird durch Polioviren ausgelöst, die über Schmierinfektionen oder verunreinigtes Wasser übertragen werden können. Ungeimpfte oder unzureichend immunisierte Personen, unabhängig vom Lebensalter, haben ein erhöhtes Risiko, schwer zu erkranken. In seltenen Fällen kann Polio zu dauerhaften Lähmungen führen.


Warum finden sich Polioviren im Abwasser?

Das Robert Koch-Institut (RKI) vermutet, dass die nachgewiesenen Viren von Menschen stammen, die in anderen Ländern eine sogenannte Schluckimpfung erhalten haben. Diese Impfung basiert auf abgeschwächten, aber lebenden Polio-Erregern, die nach der Impfung mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Über den Abwasserweg können diese Impfviren in die Umwelt gelangen.


In Deutschland wird die Schluckimpfung daher seit 1998 nicht mehr verwendet. Hierzulande kommt ausschließlich der IPV-Impfstoff (inaktivierter Polioimpfstoff) zum Einsatz, der in den Muskel gespritzt wird. Dieser Impfstoff enthält keine lebenden Viren und bietet einen sicheren Schutz gegen die Erkrankung Polio. Personen die mit IPV geimpft sind, sind dennoch in der Lage, sich unbemerkt durch Schmierinfektionen oder den Verzehr kontaminierter Lebensmittel, Wasser oder Eiswürfel mit Polioviren zu infizieren. Dabei können sie die Viren unbewusst ausscheiden und so zur Verbreitung in der Umwelt beitragen.


Abwasseruntersuchungen als Frühwarnsystem

Hinweis: Im Rahmen des Abwassermonitorings (Überwachung von Abwasserproben) ist es wichtig, zwischen zwei Nachweistypen von Polioviren zu unterscheiden:

-       Wildviren (Polio-Wildvirus): Sie weisen auf frische Infektionen einer Person hin.

-       Impfviren: Sie stammen aus der früher eingesetzten Schluckimpfung und können im Abwasser nachgewiesen werden, ohne dass eine akute Infektion vorliegt.


Im Abwasser lassen sich daher entweder Polio-Wildviren aus einer frischen Infektion oder Impfviren aus Ländern mit Schluckimpfung nachweisen. Der in Deutschland verwendete Spritzimpfstoff enthält keine lebenden Viren und führt nicht zur Ausscheidung von Polioviren.


Die Überwachung von Abwässern dient als Frühwarnsystem für das Auftreten potenzieller Gesundheitsgefahren. Die aktuellen Befunde zeigen, dass das System funktioniert. Es bedeutet jedoch nicht, dass eine akute Gefahr besteht. Die hohe Impfquote in Deutschland, 2023 lag sie laut RKI bei rund 90 Prozent – schützt die Bevölkerung zuverlässig vor einer Ausbreitung der Krankheit. In der Stadt Suhl liegt die Polio-Impfquote von Kindern zum Zeitpunkt der Schuleingangsuntersuchung 2023 sogar bei 95,9 Prozent. Diese hohe Durchimpfungsrate macht es extrem unwahrscheinlich, dass sich Polio hier ausbreiten könnte.


Warum wir uns keine Sorgen machen müssen

Die Polioviren im Abwasser sind ein indirekter Nachweis, dass Personen aus Ländern mit Schluckimpfungen sowie Reisende diese Viren mitgebracht haben könnten. Dank der hohen Impfquote in Deutschland und besonders in der Stadt Suhl besteht jedoch kein Grund zur Sorge.


WICHTIG ist, dass alle Bürgerinnen und Bürger ihre Impfungen überprüfen und gegebenenfalls auffrischen lassen. Eine Impfung bzw. Auffrischimpfung ist problemlos bei jedem Hausarzt möglich. Als vollständig geimpft gelten Personen, die eine Grundimmunisierung und eine einmalige Auffrischimpfung erhalten haben.


Wo kann ich weitere Informationen erhalten?

Bei Fragen oder weiteren Informationen stehen wir Ihnen im Gesundheitsamt, unter folgender E-Mail-Adresse gesundheitsamt@stadtsuhl.de, gerne zur Verfügung. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir sind für Sie da!


Quellen:

 

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