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Zum 80. Todestag von Hugo Wilhelm Bästlein

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Als Autodidakt mit Korrektheit, Sparsamkeit und Kaufmannssorgfalt zum Erfolg

 

Hugo Bästlein, geboren am 22.  Januar 1868 in Heinrichs, war der älteste Sohn des Büchsenmachers und Brauers Ludwig Valentin Bästlein und Lisette Pauline, geb. Weiß. In der einstigen Hammergasse, der heutigen Erhard-Schübel-Straße 4, lebte die Familie Bästlein mit ihren sieben Söhnen. Hugo besuchte die Volksschule auf dem Heinrichser Kirchberg und absolvierte von 1882 bis 1885 eine kaufmännische Lehre in der Suhler Waffenfabrik „Simson & Luck“ am Mühlplatz. Der Miteigner Karl Luck schied 1884 aus der Fabrik aus und die Firma fusionierte mit den Werkstätten des Heinrichser Stahlhammers. Seitdem war die Firmenbezeichnung „Simson & Co“.

 

Mit seinem korrekten Auftreten und seiner Loyalität überzeugte der 19-jährige Hugo Bästlein und wurde 1887 mit der kaufmännischen Leitung des Teilbetriebes betraut. Am 28.02.1891 heiratete er die aus Heinrichs stammende Emma Christiane Heller, Jg.1870. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor, Christian Louis, geb. 08.06.1881 in Heinrichs, verstorben am 17.05.1950 in Tegernsee (Obb.), und Harry, geb. am 03.08.1907 in Heinrichs. Er fiel im Zweiten Weltkrieg am 15.10.1941 in Russland/Kalinin. Harry Bästlein hatte 1937 in Hamburg geheiratet.

 

Die Industrialisierung war deutschlandweit im vollen Gange. Mit ihr entwickelten sich die ersten Konsumgenossenschaften. Doch die mittelständischen Handelsbetriebe litten nicht nur unter dem mächtigen Konkurrenzkampf. Schlimm waren auch betrügerische Händler mit verfälschter Ware. Um diesen Missstand Abhilfe zu schaffen, entstand die Idee der Gründung einer Einkaufsgenossenschaft. So griffen 96 Heinrichser Bürger diesen Gedanken auf und gründeten am 14. Februar 1892 den Heinrichser Consum-Verein „Selbsthilfe“. Sein Ziel war, der hiesigen desolaten Versorgungslage entgegenzuwirken. Hugo Bästlein gehörte zur Gründungskommission, die diesen Verein einstimmig ins Leben rief. Am 26. Februar 1892 fand der Eintrag des Vereins im Genossenschaftsregister unter der Nr. 16 statt. Hugo Bästlein wurde für drei Jahre als ehrenamtlicher Geschäftsführer gewählt und hatte dieses Amt bis 1913 inne.

 

Schon am 1. April 1892 öffnete die erste Warenverteilstelle neben dem früheren Heinrichser Rathaus, heute Meininger Straße 91. Das Haus des ehemaligen Arztes Dr. Gubitz am sogenannten Doktorswinkel erwarb der Consum-Verein 1895 und errichtete darin ein Ladengeschäft. Zudem wurde hier 1905 noch eine Bäckerei angebaut, in deren Dachgeschoss das Vereinslokal „Casino“ Einzug hielt. Dieses Gebäude wurde der „Stammsitz“ des Consumvereins. Der Erfolg des Vereins ließ nicht lange auf sich warten. In der Folge kam eine Filiale in der Nachbargemeinde Mäbendorf, im unteren Dorf in der Meininger Straße unmittelbar bei dem Bästlein‘schen Wohnhaus hinzu, das neu errichtet wurde.

 

Am 6. Oktober 1897 bewarb sich Hugo Bästlein zu den Gemeindewahlen für die hauptamtliche Stelle des Gemeindevorstehers, die er mit neun Stimmen bei einer Enthaltung gewann. Zugleich war er Standesbeamter für die Gemeinden Heinrichs, Neundorf, Mäbendorf und Albrechts. Während seiner Amtszeit wurde u. a. die Fortbildungsschule gegründet, die Wasserleitung mit einer Länge von ca. 4 km und einem Hochbehälter für 200 m³ errichtet, die Grundschule erweitert und der Bau des einstigen Jugendheimes begonnen. Seine Autorität für das Amt und das damit Geleistete erarbeitete er sich durch seine stetige Geradlinigkeit und Korrektheit.

 

Indes schufen die Konsumgenossenschaften global eine eigene Großhandelsorganisation, nämlich die Großeinkaufsgesellschaft Deutscher Consumvereine mbH mit Sitz in Hamburg (GEG).

 

Im Thüringer konsumgenossenschaftlichen Revisionsverband hatte Hugo Bästlein vom 1. Juli 1900 an die Funktion eines Verbandsrevisors inne, war seit 1902 Vorstandsmitglied und ab 1911 Verbandsdirektor. Seit 1906 war er Leiter der konsumgenossenschaftlichen Einkaufsvereinigung Suhl und der Kohleneinkaufsvereinigung. 1912 kam es zu einer Neubildung des Zentralverbandes deutscher Konsumvereine und zur Errichtung der Verlagsgesellschaft deutscher Konsumvereine mbh. Hugo Bästlein wurde zum Vorstandsmitglied des Zentralverbandes und Geschäftsführer der Verlagsgesellschaft gewählt.


Dies bedeutete für ihn und seiner Familie, den Wohnsitz nach Hamburg zu verlegen. In seiner Hamburger Zeit bis 1933 hatte er weitere Vorsitze inne, wie zum Beispiel den der Eigenhilfe-Feuer- und Sachversicherung AG sowie der „Konsumkammer“ Hamburg. Er war zudem Revisor der Versicherung „Volksfürsorge“. In Anerkennung seiner treuen und aufopferungsvollen 25-jährigen Mitarbeit sowie seines 40-jährigen Dienstes in der konsumgenossenschaftlichen Bewegung wurde Hugo Bästlein am 8. Juni 1932 in Jena ausgezeichnet.


Zu seinem 65. Geburtstag am 22. Januar 1933 nahm Hugo Bästlein Abschied von seiner beruflichen Tätigkeit. Er verzog von Hamburg in sein eigenes Haus nach Wentdorf bei Reinbeck. Die Verbindung zu seinen Verwandten und seinem Heimatort Heinrichs hielt er stets aufrecht.  Am 2. Juni 1945 verstarb er im Alter von 77 Jahren in seiner Wahlheimat. Die Heinrichser Konsum-Geschäftsstellen bestanden bis 1990.

 

Stadtarchiv Suhl/ Autor: Annett Raute

Foto: Stadtarchiv Suhl, Bauakte 2.1. 7650

Porträtaufnahme: Stadtarchiv Suhl, Nachlass Eberhard Ley

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